Racing |
Lesezeit
4 Minute
5,891 Kilometer in Asphalt gepresste Rennsportgeschichte – das ist Silverstone. Und auch in Lauf 3 des Porsche Mobil 1 Supercup ist er wieder Schauplatz historischer Ereignisse, die vor allem den Schweizern in Erinnerung bleiben werden.
Legende oder nicht – um erstklassigen Motorsport zu bieten, muss eine Strecke vor allem in ihren Kerntugenden überzeugen. Und hier liefert Silverstone ab: mit technisch anspruchsvollen Kurvenkombinationen und langen Geraden, die hohe Geschwindigkeiten und gute Überholmöglichkeiten bieten. Dazu kommt noch das unkalkulierbare englische Wetter mit bisweilen starkem Wind. Doch für den „unpredictable moment“ des Rennens, der schon ganz zu Anfang die Karten neu mischt, sorgten dieses Jahr nicht die Straßenbedingungen, sondern die Fahrer. Insgesamt 32 Cup Elfer zählte das Feld des Porsche Supercup, zu dem zwei britische Gast Teams mit Fahrern u.a. aus dem Porsche Carrera Cup Great Britain dazugestoßen waren. Mit #19 Marvin Klein (FRA) übernimmt ein alter Bekannter aus dem Supercup das Ombra-Cockpit von Riccardo Pera bis zum Saisonende.
Im Training fuhr #1 Bastian Buus (DNK/BWT Lechner Racing) die beste Rundenzeit ein. „Es lief sehr gut für mich. Wir werden uns jetzt die Daten anschauen, um für das Qualifying am Samstag noch ein paar Details zu optimieren", kommentierte der 20 Jahre alte Däne seine Session. Teamkollege und local hero #3 Harry King (GBR) folgte ihm als Zweitschnellster kurz vor #2 Harri Jones (AUS), der als Rookie ebenso für BWT Lechner Racing fährt – das Team knüpft nahtlos an die starken Leistungen der letzten Saison an. Pechvogel war #12 Benjamin Paque (BEL/CLRT), der in der 11. Minute bei einem Abflug eine Streckenmarkierung erwischte und mit defekter Beifahrertür frühzeitig das Training beenden musste.
Das Qualifying am Samstagnachmittag verlief insgesamt diszipliniert und endete mit einem glücklichen #11 Dorian Boccolacci (CLRT) auf der Pole. Der Franzose hatte bei seiner ersten Supercup-Pole weniger als fünf 100stel Sekunden Vorsprung auf den Zweiten #25 Larry ten Voorde (NLD/Team GP Elite). Die zweite Startreihe ging an King und Buus, dahinter lauerten die beiden FACH AUTO TECH Fahrer #5 Alexander Fach (CHE) und #4 Morris Schuring (NLD).
Die Rookies kamen mit der anspruchsvollen Strecke in Silverstone auf Anhieb gut zurecht. Vier von ihnen qualifizierten sich auf den ersten 15 Plätzen, darunter #18 Keagan Masters (ZAF/Ombra Racing) auf Startposition 7 und #22 Alessandro Ghiretti (FRA/Martinet by Alméras) auf der 8. Der Britische Nachwuchsfahrer #6 Gustav Burton (FACH AUTO TECH) musste von P30 ins Rennen gehen, da er aufgrund verschiedener Regelverstöße insgesamt eine 8-Place-Grid-Penalty erhielt – sein Heimrennen hatte er sich sicher anders vorgestellt.
Beim Rennstart am Sonntagmittag waren die Tribünen mit über hunderttausend überwiegend britischen Motorsportfans bereits voll besetzt. Nach Erlöschen der Ampel kam Ten Voorde nicht optimal weg und King setzte sich neben ihn. Kurz vor der Village-Kurve kam es zwischen den beiden zur Berührung, infolgedessen ten Voorde erst auf Boccolacci auffuhr und dann auch noch King von der Strecke drehte. Buus und Schuring im Kurveninneren kollidierten ebenfalls leicht und fielen zurück. Bei den wilden Ausweichmanövern dahinter erwischten Alexander Fach, Gaststarter #38 Robert de Haan (NLD/Richardson Racing) und Ghiretti ein Loch auf der Außenbahn und übernahmen die Spitzenpositionen, die sie in dieser Reihenfolge auch ins Ziel trugen. Für King war das Rennen schon in der ersten Runde vorbei. Ten Voorde musste sein beschädigtes Auto nach zehn Runden abstellen. Von den Meisterschaftsführenden fuhren einzig Boccolacci und Buus Punkte ein.
Alexander Fach hat in Silverstone als erster Schweizer Fahrer überhaupt einen Sieg im Porsche Supercup geholt – in den über 30 Jahren der Seriengeschichte ertönte auf dem Podium noch nie zuvor die Schweizer Hymne. Umso bewegter war das gesamte schweizer Team FACH AUTO TECH bei der Siegerzeremonie. Bemerkenswert war auch der zweite Platz des erst 17 Jahre alten de Haan, der sonst im Porsche Carrera Cup Benelux antritt und dort die Serie anführt. Rookie Alessandro Ghiretti durfte sogar gleich zweimal auf das Podium, auf dem später auch die Formel-1-Piloten ihre Pokale entgegennahmen: einmal für Platz 3 Overall – und dann noch als Sieger der Rookie-Wertung, zusammen mit Masters und Jones.
Durch den ausfallbedingten Nuller von King und Ten Voorde verändern sie ihre Positionen in der Meisterschaftstabelle nicht. Boccolacci nimmt 6 Punkte mit und schließt auf King auf – Buus baut mit mageren 5 Punkten aus Silverstone seinen Vorsprung auf Platz 2 leicht aus. Dahinter machen einige Fahrer größere Sprünge – allen voran Fach und Ghiretti. Der Wettkampf um den Championtitel bleibt also weiter hochspannend.
Der nächste Lauf des Porsche Mobil 1 Superucp wird im Rahmen des Formula 1 Hungarian Grand Prix in Budapest ausgetragen. Die mit knapp über vier Kilometern vergleichsweise kurze Strecke hat ihre Tücken: viele Kurven und hohe Temperaturen verlangen Fahrern und Rennwagen einiges ab. Zudem gibt es wenige wirklich gute Überholmöglichkeiten. Umso entscheidender ist also eine Top-Zeit im Qualifying. Wir sind schon gespannt, wer am Hungaroring die Akzente setzt!