Von den engen Straßen Monte Carlos in die Weite der steirischen Alpen: Lauf 2 des Porsche Supercup hielt zehntausende Motorsport-Fans mit knallharten Duellen, Aufholjagden und Kopf-an-Kopf-Szenen über die gesamten 18 Runden in Atem. Racing at its best!
Um es vorweg zu nehmen – Spielberg 2023 war eines der spannendsten Rennen in den 31 Jahren Supercup-Geschichte. Mit guten Überholmöglichkeiten, breiter Strecke und freiem Blick bot der Alpenkurs die perfekte Bühne. Gleichzeitig hätte das Kontrastprogramm zum verwinkelten Circuit de Monaco des ersten Saisonrennens nicht größer sein können. Das gesamte Feld nutzte denn auch die Freiheiten des Red Bull Rings – es war, als hätte man den Korken aus der Flasche gezogen.
Tracklimits und “Reifen-wechsel-dich”.
In der insgesamt ruhig verlaufenden Practice Session fielen wie schon bei der Formel 1 vor allem die zahlreichen Überschreitung der Tracklimits auf. In den Kurven nach und vor der Start-Ziel-Geraden blieb dies zumindest für die Autos folgenlos, da hier großzügige Asphaltflächen Auslauf bieten. Im Infield drohte der Abstecher ins Kiesbett – z.B. von #2 Harri Jones (AUS/BWT Lechner Racing), der sich in Minute 17 im Kies fest fuhr, eine kurze Rotphase auslöste und auf dem Moped zurück in die Box gebracht wurde. Die beste Trainingszeit sicherte sich sein Teamkollege #1 Bastian Buus (DNK), wobei 22 Fahrer die Session mit weniger als einer Sekunde Abstand zu Buus abschlossen – ein weiterer Beweis für die hohe Leistungsdichte im Porsche Mobil 1 Supercup.
Im Qualifying machte das unberechenbare Wetter mit Regen und Sonnenschein den rechtzeitigen Reifenwechsel zum Erfolgsfaktor – es ging von Slicks auf Regenreifen und wieder zurück. #25 Larry ten Voorde (NLD/Team GP Elite) bestand das Wechselspiel am besten und holte die Pole. Die Session war bis zum Ende hochspannend, denn nach einer zweiten Rotphase mit Rückruf in die Pit-Lane blieben nur noch knapp dreieinhalb Minuten, um im besten Fall zwei schnelle Runden zu absolvieren. Erst mit dem Abtrocknen der Ideallinie hagelte es dann Bestzeiten. Rookie #18 Keagan Masters (ZAF/Ombra Racing) schnappte sich überraschend den zweiten Platz und setzte sich damit vor Bastian Buus und #7 Leon Köhler (DEU/Huber Racing).
Gipfelstürmen auf Dänisch – Buus erkämpft sich die Spitze.
Zum Start des Rennens am Sonntagmittag war die Spannung förmlich greifbar – und ab Sekunde eins ging es zur Sache: kurz nach dem Start presste sich Bastian Buus von P3 mit einem energischen, aber fairen Manöver an Masters vorbei auf P2 hinter Ten Voorde. Ab da war das Spitzenduell eröffnet, das beide bis zur Zielline erbittert austrugen. Mehrfach fuhren sie Seite an Seite durch die Kurven und tauschten die Spitzenposition.
Kurz vor Schluß schob sich der aktuelle Porsche Junior Buus in Kurve 3 innen an Ten Voorde vorbei und rettete P1 ins Ziel – ein Wahnsinns-Spektakel! Erst vor einer Woche lieferten sich die beiden ein ähnliches Tauziehen beim Porsche Carrera Cup Deutschland in Zandvoort. Dort hatte am Ende allerdings Ten Voorde die Nase vorn. Den dritten Platz sicherte sich nach einer spektakulären Aufholjagd Harry King. Nach regenbedingt verpatztem Qualifying von P11 gestartet, musste er einiges aufbieten, um sich aufs Podium zu kämpfen. „Das war harte Arbeit, aber auch ein großer Spaß. Ich habe einige, sagen wir mal, ambitionierte Überholmanöver durchgeführt“, erklärt der 22-Jährige. Da jedoch nicht alle seine Überholmanöver regelgerecht ausfielen, wurde King nach dem Rennen mit einer 10-Sekunden-Zeitstrafe belegt, die ihn auf Platz 10 zurückwarf – Köhler erbte den 3. Podiumsplatz.
In dem insgesamt hitzigen Gastspiel des Porsche Supercup auf dem Red Bull Ring gab es im gesamten Feld beinhartes Racing mit vielen Positionsgewinnen – Blechschäden und Dreher inklusive. #11 Dorian Boccolacci (FRA/CLRT) verbesserte sich um 13 Plätze und kam als Fünfter ins Ziel. Der ehemalige spanische Motorrad-Weltmeister #9 Jorge Lorenzo (Team Huber Racing) machte 15 Plätze gut und erzielte seine ersten Meisterschaftspunkte. Die Bestmarke setzte allerdings #23 Jukka Honkavuori (FIN/Martinet by Alméras): von Platz 30 gestartet, beendete er das Rennen auf Platz 8. Mit dem Ende von Lauf zwei liegt nun Buus in der Tabelle vorn, dicht gefolgt von Ten Voorde – King und Boccolacci sind noch in Schlagdistanz zur Spitze.
Der Rookie-Faktor: P5 für den Nachwuchs.
Mit den 10 Rookies im Feld sammelte auch wieder viel Rennfahrernachwuchs wertvolle Erfahrungen. #22 Alessandro Ghiretti (FRA/Martinet by Alméras) fuhr von P14 um beachtliche 6 Startplätze nach vorne. #28 Huub van Eijndhoven (NLD/GP Elite) ging hinter Masters als zweitschnellster Rookie aus dem Qualifying hervor und startete von P6 ins Rennen. Am Ende belegte er Platz 5 und bestieg als schnellster Rookie das Podium am Spielberg. Ghiretti und der Belgier #12 Benjamin Paque (CLRT) komplettierten die Plätze 2 und 3.
Als nächster Milestone auf dem Weg zum Titel steht für die Fahrer und Teams der legendäre Silverstone Circuit im Kalender. Denn dort startet im Rahmen des Formula 1 British Grand Prix der dritte Lauf des Porsche Mobil 1 Supercup. Die Strecke gilt als eine der schnellsten im Programm des internationalen Porsche Markenpokals. Ob das Wetter dort stabiler ist als in Spielberg wird sich zeigen. Aber in England ist diesbezüglich ja alles möglich: Abwarten, Tee trinken – und die Vorfreude schüren.