Porsche-Anhänger Michael Christensen ist seit mehr als einem Jahrzehnt Werksfahrer. Aber der Däne kann mehr bieten als nur Fahren.
Michael Christensen ist jetzt in seiner elften Saison mit Porsche, aber seine Verbindung zur Marke geht deutlich weiter zurück: Bis 2012, als er als Porsche Junior ausgewählt wurde. In den folgenden 13 Jahren hat er unzählige Siege und Podien erreicht, darunter Klassensiege bei den 12 Stunden von Sebring, den 24 Stunden von Daytona und seinen größten bei den 24 Stunden von Le Mans.
Nachdem er den Porsche 911 unter anderem in der FIA Langstrecken-Weltmeisterschaft, der IMSA WeatherTech SportsCar Championship, dem GT World Challenge Europe Endurance Cup und der Intercontinental GT Challenge gefahren ist, stieß Christensen 2023 für die Debütsaison zur Hypercar-Fahrerbesetzung von Porsche Penske Motorsport.
Seitdem hat der 34-Jährige vier Podien erreicht und dazu beigetragen, dass Porsche in der vergangenen Saison den Gewinn der Fahrerwertung feiern konnte und den Sieg in der Herstellerwertung nur knapp verpasste.
Trotz seiner großen Erfolge war es in seiner Kindheit rückblickend nicht selbstverständlich, dass der Däne Rennfahrer werden würde.
“Rennsport war nichts, was in meiner Familie Thema war oder mit dem ich aufwuchs, aber das Interesse an Kraftfahrzeugen war in meiner Familie definitiv vorhanden”, sagt Christensen.
“Es war eher ein Hobby, bei dem mein Vater und ich gemeinsam Zeit miteinander verbringen konnten, wie Fußball und so etwas. Ich glaube, das Interesse an Kraftfahrzeugen war vermutlich größer, und so hat es angefangen.“
“Das erste Rennen, das ich live sah, war Le Mans, als Tom Kristensen 1997 seinen ersten Gesamtsieg in einem Porsche holte. Es ist ein bisschen komisch, jetzt darüber nachzudenken, aber das war der Anfang.”
“Ich dachte schon an Langstreckenrennen, bevor ich überhaupt selbst Rennen gefahren bin, denn ich war damals zu jung, um mit dem Kart zu fahren. Als ich dann damit anfing, nahmen die Dinge ihren Lauf - man muss das Beste für seine eigene Karriere geben.“
“Ich habe lange Zeit an die Formel 1 gedacht, denn das ist natürlich auch ein wenig der Traum, den dir alle aufdrängen, wenn du im jungen Alter gut bist, also bin ich darauf auch angesprungen.”
“Aber eigentlich war es mein ursprüngliches Interesse, Langstreckenrennen in Le Mans zu fahren. Als ich älter wurde und mich mehr mit dem Motorsport beschäftigte, behielt ich immer auch Le Mans und Langstreckenrennen im Auge. In einem frühen Stadium meiner Karriere habe ich festgestellt, dass die Formel 1 möglicherweise nicht der Traum ist, den ich hatte. Oder ist es die Tatsache, dass ich als Rennfahrer mit den Besten der Welt bei den coolsten Rennen in den coolsten Autos der Welt fahren wollte?”
“Und dort haben mich Porsche und Langstreckenrennen wirklich mitgerissen und mir in meiner Karriere geholfen.”
Der Kampf, eine Karriere als Rennfahrer zu finanzieren, hat sich für vielversprechende junge Fahrer auf ihrem Weg nach oben oft als problematisch erwiesen. Sowohl im Kartsport als auch im Formelsport sind die Kosten enorm.
Während Christensen sagt, dass sein erstes Jahr als Porsche Junior “die erste Phase war, in der es für mich weniger ein Problem oder eine Herausforderung war, ein professioneller Rennfahrer zu werden, denn ich erhielt Unterstützung von Porsche und konnte mich auf die eigentliche Aufgabe konzentrieren”. Vor seiner Auswahl war er entschlossen, das nötige Geld mit allen Mitteln zu verdienen.
Nachdem er zu Beginn seiner Karriere eine Ausbildung zum Mechaniker gemacht hatte, hörte Christensen mit seinem Vollzeitjob auf. Aber um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen, entschied er sich, sein fahrerisches Können auf andere Weise einzusetzen, auch wenn das frühes Aufstehen bedeutete.
“Ich arbeitete bei einer Firma, die den Kaffee für Coffeeshops lieferte. Also musste man dort sein, bevor diese öffneten”, sagt er.
“Morgens musste ich vor vier Uhr aufstehen und Kaffee an 18 Shops in Kopenhagen liefern, bevor diese öffneten. Manchmal kam ich Sonntags heim und musste Montag früh wieder raus.”
“Ich habe mich selbst nie bemitleidet, denn es war nichts Neues für mich, dass ich hart für das arbeiten musste, was ich wollte. Das war einfach so. Es war hart und ich war manchmal ziemlich müde, aber am nächsten Tag ging es weiter.”
Diese starke Arbeitsmoral hat ihm in seiner Zeit bei Porsche sehr geholfen und sowohl persönlich als auch beruflich viel Erfolg gebracht.
Zwei Jahrzehnte nachdem er seinen Landsmann und Langstrecken-Ikone Tom Kristensen 1997 seinen ersten Le-Mans-Sieg mit Joest Racing in einem Porsche-angetriebenen WSC95 einfahren sah, war Christensen 2018 selbst in der Lage, im Porsche 911 RSR mit der legendären “Sau”-Lackierung einen Klassensieg zu holen.
Christensen und seine Porsche Werksfahrer-Kollegen Kévin Estre und Laurens Vanthoor kontrollierten die LMGTE-Klasse beinahe das gesamte Rennen lang, bevor sie die Ziellinie mit einer Runde Vorsprung auf ihre engsten Rivalen überquerten.
Ein Traum wurde für Christensen wahr, der sagt, dass er “gar nicht wusste, dass er mir so viel bedeutete.”
“Natürlich war es mein absoluter Traum, auf dem Podium zu stehen - meiner Meinung nach in einer der am schwersten zu gewinnenden Klassen”, ergänzt er.
“Diese Saison wurde die Super-Saison genannt, weil sie länger war und viele Hersteller hatte und auch großartige Talente in dieser Klasse starteten.”
“Am Ende auf dem Podium zu stehen, war damals einfach unglaublich, aber ich war sehr müde und hatte ein seltsames Gefühl. Ich erinnere mich, etwas gewonnen zu haben, von dem man träumt. Die Emotionen zeigten sich nicht wirklich auf dem Podium, weil ich so müde war. Aber ich erinnere mich, dass ich am Tag danach aufgewacht bin und dachte: Das ist alles, wovon ich geträumt habe.”
“Das hat mich wirklich glücklich und zufrieden mit mir selbst gemacht. Plötzlich bedeutete Alles etwas. Es war so, als ob mir alles einen Sinn gab, von dem ich gar nicht wusste, dass ich es gesucht hatte, zumindest gefühlsmäßig.”
“Ich wusste, dass ich das immer gewollt und immer davon geträumt hatte, aber in Bezug auf meine Gefühle gab es mir plötzlich die Erleichterung, dass ich mir selbst gezeigt hatte, dass ich meinen Traum verwirklichen und die Ziele, nach denen ich gesucht hatte, erreichen konnte.”
Während ihm sein Erfolg auf der Rennstrecke viel Erfüllung gebracht hat, hat Christensen auch abseits der Strecke viel zu tun. Nachdem er 10 Jahre in Wien, London und Monaco gelebt hat, kehrte er 2023 in seine Heimat Kopenhagen zurück, nachdem die COVID-Pandemie ein Umdenken gebracht hat und die Menschen inspirierte, zu ihren Wurzeln zurückzukehren.
Heute verbringt er seine Zeit am liebsten mit seiner Freundin beim Padel-Tennis, Golf and Kayakfahren. Seine weiteren Leidenschaften sind Kunst, Autos - hauptsächlich sein geliebter Porsche 911 S/T - und gutes Essen.
Christensen ergänzt: “Als ich älter wurde und mehr Zeit hatte, an alles andere als Rennsport zu denken, wurde mir klar, dass ich einen guten Ort zum Auftanken brauche, an dem ich nicht auch noch an Rennsport denke, um mir die mentale Stärke zu geben, dass ich alles geben kann, wenn ich dann auf der Strecke bin.”
“Ich brauchte diesen Abstand mehr und mehr. Und es stellte sich heraus, dass es für mich die Rückkehr nach Dänemark war, und nicht ständig herumzureisen und unterwegs zu sein. Ich bin jetzt seit rund anderthalb Jahren zurück und es fühlt sich einfach viel natürlicher an.”
Nachdem er über die Wintermonate aufgetankt hat, ist Christensen nun bereit für einen weiteren Angriff im Porsche 963 mit der #5 in der WEC-Topklasse - dieses Mal gemeinsam mit seinem neuen Teamkollegen Julien Andlauer.
Obwohl die beiden erst kurze Zeit zusammenarbeiten, ist Christensen von Andlauers Leistung angetan und sagt, dass beide “großen Respekt voreinander” haben.
“Julien ist ein sehr optimistischer junger Mann , das gefällt mir sehr”, sagt er. “Ich bin eher der Typ, der die Dinge ein wenig rigoroser sieht oder vielleicht nicht der Partymacher ist. Ich bin mehr auf harte Fakten aus, was es manchmal etwas schwierig macht, gute Stimmung zu verbreiten.”
“Ich glaube, er ist eine sehr gute Ergänzung für mich und ich kann für ihn eine gute Ergänzung sein, damit wir diese Ebene finden, auf der er gut darin ist, eine gute Vorstellung zu liefern und Spaß zu machen und auch diese Seite zu haben, denn wir müssen uns daran erinnern, dass dies nicht nur unser Job, sondern auch unsere Leidenschaft ist.”
“Wir lieben, was wir tun, und manchmal vergesse ich das ein wenig - es ist das, was ich gut kann und das, was ich liebe, und dieser Job verdient manchmal ein wenig Spaß, da ich mir keinen besseren Job auf der Welt vorstellen kann. Aber manchmal kann ich mir selbst ein Loch graben und mich so sehr auf den Wettkampf konzentrieren, dass ich an nichts anderes denken kann.”
“Julien ist wirklich gut darin, das aus mir herauszuholen, damit ich merke, dass wir hier eine gute Zeit haben und auch haben sollten, uns aber gleichzeitig auf Dinge konzentrieren und hoffentlich kann ich ihm meine Seite ein wenig näher bringen. Wir haben großen Respekt voreinander, er ist ein großes Talent und hat alles, was es braucht. Es macht mir Spaß, mit ihm zu arbeiten und ich denke, dass wir uns gegenseitig gut ergänzen.”
Vor einer weiteren spannenden Saison ist Christensens Hauptziel der Sieg bei den 24 Stunden von Le Mans - dieses Mal der Gesamtsieg. Aber neben der Strecke? “Das Leben genießen und eine gute Zeit haben.”
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