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Vor seiner ersten Saison als Teil des Porsche Penske Motorsport-Kaders spricht Julien Andlauer über seine Kindheit, sein Motorsport-Leben und seine Liebe zu Le Mans.
Andlauer ist der aktuellste Neuzugang im Porsche-Werksteam. Er fährt 2025 zusammen mit Michael Christensen den Porsche 963 mit der Startnummer 5 in der FIA-Langstrecken-Weltmeisterschaft.
Der 25-Jährige steigt ins PPM-Team auf, nachdem er ein Jahr lang bei Proton Competition in der Hypercar-Kategorie der WEC antrat. Dort lernte er den Porsche 963 bereits kennen und konnte wertvolle Erfahrungen in der Königsklasse des Langstrecken-Rennsports sammeln.
Dabei ist es nicht Andlauers erstes Abenteuer mit Porsche - er gehört schon seit einigen Jahren zur Familie: Im Porsche Carrera Cup 2017 absolvierte er seine erste vollständige Saison, bevor er 2018 zum Porsche Junior ernannt wurde.
Nachdem er in jenem Jahr den Sieg in der GTE-Am-Klasse bei den 24 Stunden von Le Mans errungen hatte, holte Andlauer 2019 den Titel im Porsche Carrera Cup Deutschland und wurde im selben Jahr Gesamtdritter im Porsche Mobil 1 Supercup.
Nach einer unterbrochenen Saison 2020 mit Einsätzen in verschiedenen Kategorien nahm Andlauer 2021 und 2022 an fünf WEC-Runden teil, wobei er in Le Mans den zweiten Platz in seiner Klasse belegte. 2023 absolvierte er schließlich seine erste vollständige Saison.
Mit seiner Verpflichtung, die er als „einen wahr gewordenen Traum“ bezeichnet, ist er neben Christensen, Matt Campbell und Mathieu Jaminet der vierte ehemalige Porsche Junior, der im nächsten Jahr für das Werksteam von Porsche Penske Motorsport in der WEC antritt.
Andlauer stammt aus Sainte-Foy-lès-Lyon (Frankreich). Seine Leidenschaft gilt seit seiner Jugend dem Motorsport. Den Grundstein für seine Begeisterung fürs Go-Kart legte gewissermaßen sein Vater mit dem Kauf einer Rennstrecke im Jahr 1999 - dem Jahr seiner Geburt. Andlauer scherzt daher, dass er „auf der Rennstrecke geboren“ sei.
„Ich habe auch andere Sportarten ausprobiert – Tennis, Fußball usw. Aber das lag mir überhaupt nicht, ich war wirklich schlecht. Also blieb ich beim Kartfahren. Zunächst war es noch ein Hobby, aber es wurde immer seriöser, und wir stiegen von einer Kategorie in die nächste auf. Wir begannen, gute Ergebnisse zu erzielen.“
„Also beschlossen wir, die Sache noch etwas ernster zu nehmen und versuchten, größere Rennen zu fahren. Es lief ziemlich gut.“
Nach Erfolgen im Kartsport stieg Andlauer 2015 in die Französische Formel 4 auf, wo er den dritten Gesamtrang erreichte. Außerdem absolvierte er einen Gastauftritt im Porsche Carrera Cup Frankreich – wobei er sich nach eigener Aussage „in Porsche verliebt“ hat.
Andlauer bestritt die gesamte Saison 2016 und wurde Zweiter in der Rookie-Wertung, bevor er 2017 den Gesamttitel gewann. Dies führte zu seiner Nominierung beim Porsche Junior-Auswahlprozess, den er gewann. Diese „wichtigste Veränderung“ in seiner Karriere brachte ihn auf den Weg zum Porsche Werksfahrer, zum „Gral des Motorsports“.
„Es ist das beste Programm, das wir bisher hatten“, sagt er. “Währenddessen ist viel passiert. Zum Beispiel habe ich auch den Carrera Cup Deutschland gewonnen und in unserem ersten Jahr in der GT Am die 24 Stunden von Le Mans gewonnen, wodurch ich zum jüngsten Le-Mans-Sieger aller Zeiten wurde.“
„Es gab also viel, was ich zusammen mit Porsche erreicht habe. Außerdem bin ich die letzten sieben Jahre jedes einzelne Mal zusammen mit Porsche und Proton die 24 Stunden von Le Mans gefahren, was auch schon eine tolle Leistung war.“
„Dieses Jahr hatte ich die Möglichkeit, weiter mit meinem Familienteam, Proton, zusammenzuarbeiten. Sie haben mich 2018 für Le Mans aufgenommen, und dieses Jahr habe ich die gesamte WEC-Saison zusammen mit ihnen im Hypercar bestritten - eine neue Erfahrung für mich, die mir sehr gut gefallen hat.“
„Es war ein großartiges Jahr, und ich habe viel gelernt in dieser neuen Kategorie und mit dem neuen Auto. In der Top-Kategorie zu fahren, ist etwas ganz Besonderes.“
Andlauer zeigte eine herausragende erste Hypercar-Saison und machte auf sich aufmerksam, als er dem Team zu einem fünften Platz in
Seine Saison beeindruckte die Fans, das Porsche Penske Motorsport Team und auch die WEC selbst, die ihm in Bahrain den „Revelation of the Year“-Preis verlieh. Diesen bezeichnete er als „riesige Überraschung“.
Obwohl sich Andlauer vor der Saison 2025 von seiner Proton-Familie verabschiedet, verlässt er das Team, das ihm „die größte Gelegenheit“ gegeben hat, mit schönen Erinnerungen.
„Wenn man jung ist und so eine Chance bekommt, muss einem klar sein, dass man sich präsentieren muss. Gleichzeitig muss auf Anweisungen hören, das Auto ganz lassen, schnell sein, aber auch nicht versuchen, den Helden zu spielen“, sagt Andlauer.
„Ich denke, dass wir hierbei gemeinsam Großartiges geleistet haben. Sie haben mich sofort im Team willkommen geheißen, mich in die Familie aufgenommen und dafür gesorgt, dass ich mich sehr wohl fühlte. Ich musste nicht über das Limit hinaus gehen, um meinen Job zu machen, und wir haben es zusammen mit Chris [Proton Competition-Chef Christian Ried] und Matt [Campbell] sehr gut gemacht. Ich bin mit ihnen zusammen jedes einzelne Le-Mans-Rennen seitdem gefahren, ebenso wie dieses und letztes Jahr in der WEC.”
„Es war auch eine gute Werbung für das Team, wenn man sich die Fahrer ansieht, die in den letzten Jahren bei Proton waren. Matt, ich und viele andere sind heute Werksfahrer im besten Programm überhaupt. Das zeigt, was für ein großartiges Team sie sind, um sich zu verbessern, zu lernen und Spaß zu haben.“
„Ich bin sicher, dass ich auch in Zukunft noch mal mit ihnen zusammenarbeiten kann, vielleicht in einer anderen Meisterschaft. Wir haben immer noch sehr guten Kontakt, und ich glaube, sie freuen sich auch sehr für mich.“
Im Jahr 2025 wird Andlauer mit Christensen zusammenarbeiten, mit dem er beim Petit Le Mans 2024 zum ersten Mal an den Start ging.
Er glaubt, dass sein Teamkollege für ihn eine „große Quelle der Erfahrung“ sein wird, und fügt hinzu: „Die ganze Umsetzung, die Prozesse während der Rennwochen, die Arbeitsweisen – ich denke, [Christensen] wird mich sehr inspirieren.”
„Aber auch auf der Strecke ist er wirklich gut. Ich denke, er ist ein Teamkollege, wie man ihn sich wünscht, denn man kann sicher sein, dass er im Auto wirklich gut performt und das Auto auch wieder im Ganzen zurückbringt. Das ist alles, was man sich von seinem Teamkollegen wünscht.”
“Außerdem ist es gut für mich, mit ihm zusammenzuarbeiten, weil er die Werte von Porsche wirklich in seiner DNA verankert hat. Er hat nicht das Ego, der schnellste Fahrer des Autos zu sein, und ich auch nicht.”
„Das ist der Punkt, an dem wir wirklich gut zusammenpassen. Wir werden das Maximum aus uns herausholen, um das bestmögliche Paket hinsichtlich Leistung und Siegchancen zu haben. Wir werden nicht miteinander kämpfen - und auch nicht mit dem anderen Auto oder sonst jemandem. Wir konzentrieren uns einfach darauf, unsere Arbeit zu machen und das Beste herauszuholen.“
Andlauers unbestrittener Höhepunkt des Jahres 2025 werden die 24 Stunden von Le Mans sein. Mit seinem Landsmann Mathieu Jaminet als zusätzlichem Fahrer wird er bei seinem Heimrennen auf Sieg fahren.
Er sagt, dass die Teilnahme am “Kronjuwel” des Langstrecken-Motorsports für ihn ein großer Motivationsfaktor für die Teilnahme an der WEC im nächsten Jahr sei. Er freut sich darauf, als Werksfahrer an der Königsklasse teilzunehmen.
„Es bedeutet mir einfach alles, und als wir zum ersten Mal darüber nachdachten, für Urs [Kuratle, Leiter Werksmotorsport] oder sogar Porsche Penske Motorsport zu fahren, sagte ich, dass ich beide Meisterschaften liebe: WEC und IMSA. Aber ich muss Le Mans fahren, ich will Le Mans fahren, lasst mich bitte Le Mans fahren“, sagt Andlauer.
„Das war für sie nicht mal wirklich ein Thema. Es klang logisch für sie, dass ich als Franzose Le Mans fahre. Aber ich fahre natürlich auch schon seit sieben Jahren Le Mans.”
„Ich bin dort auch dieses Jahr in diesem Auto gefahren. Als Fahrer überhaupt an Le Mans teilzunehmen, ist bereits eine große Leistung - mal ganz abgesehen davon, ob man eine gute Leistung erbringt oder auf dem Podium steht. Es ist einfach das größte Langstreckenrennen der Welt und eines der prestigeträchtigsten Rennen im gesamten Motorsport.
„Aber es als Franzose zu schaffen, ist noch besser, und das ist mir schon in den letzten sieben Jahren gelungen. Dieses Jahr werde ich um ein gutes Gesamtergebnis kämpfen. Es wird ganz anders sein, denn wenn man dem Werksteam beitritt, hat man viel mehr Informationen und Daten und kann mit zwei oder drei Autos in der Startaufstellung arbeiten, was sehr hilfreich sein wird.”
„Es wäre auch toll, mit Mathieu zusammenzuarbeiten. Wir waren schon ein paar Mal Teamkollegen, wir lieben Le Mans und wir sind Franzosen. Es gibt niemanden, der Le Mans mehr gewinnen möchte als PPM mit französischen Fahrern.“
Nach einem herausragenden Jahr 2024 und mit unzähligen Erfolgen im Rücken bringt Andlauer, wenn er nächstes Jahr zum Werksfahrer aufsteigt, auch seinerseits einiges mit ins Team. Kann er Porsche zum lang ersehnten 20. Gesamtsieg in Le Mans verhelfen und den WEC-Fahrertitel verteidigen?
Die FIA-Langstrecken-Weltmeisterschaft 2025 beginnt am 28. Februar mit den 1812 km von Katar.