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Der Red Bull Ring ist zwar eine der kürzesten Strecken im Kalender, bietet aber exzellente Überholmöglichkeiten. Sehr zur Freude der Zuschauer wurde davon bei Lauf 3 wieder intensiv Gebrauch gemacht – mit spektakulären Ergebnissen!
Die einen fahren in die Berge zum Wandern – die Holländer fahren in die Berge, um Rennsport zu genießen: Am Red Bull Ring hatte man den Eindruck, der Circuit wäre eine Enklave der Niederlande. Anders als im letzten Jahr hatten die “Orange Army” wie auch das gesamte Fahrerfeld des Porsche Mobil 1 Supercup Glück mit dem Wetter. Bei weitgehend strahlendem Sonnenschein boten sich gute, wenn auch recht heiße Motorsportverhältnisse. Sören Spreng (DEU) von GP ELITE trat nicht zum Rennwochenende an. Dementsprechend war das Feld in Spielberg “nur” 28 Porsche 911 GT3 Cup stark. Mitreißenden Motorsound lieferten diese trotzdem satt in der Naturarena von Spielberg. Und auch die verbliebenen Fahrer aus insgesamt 12 Nationen unterhielten die täglich knapp 100.000 Besucher auf den Rängen mit hochklassiger Rennaction.
Das Freie Training am Freitagabend lief bis auf ein paar Ausflüge in die Kiesbetten diszipliniert ab. Speziell an die neuen Kiesbänder in den Kurven 9 und 10 mussten sich die Fahrer erst gewöhnen. Sie waren angelegt worden, um die im letzten Jahr zahlreichen Überschreitungen der Track Limits zu reduzieren. VIP Fahrer Timo Glock (DEU) versuchte in seinem fabrikneuen Porsche Boliden direkt, an seine Performance aus der Zeit in der DTM hier in Spielberg anzuknüpfen – während seiner Formel 1 Karriere war die Strecke nicht im Kalender. Er gehörte zu den 22 Fahrern, die innerhalb von nur einer Sekunde Abstand zur Bestzeit den Zielstrich überquerten. Die schnellste Zeit legte gegen Sessionende Harry King (GBR) hin – BWT Lechner Racing machte damit ihren Heimvorteil geltend.
Anders sah es dann allerdings beim Qualifying am Samstag aus. In der Hitzeschlacht zur besten Mittagszeit mit um die 50° Asphalttemperatur gab es viele Führungswechsel. Auf dem zweiten Reifensatz dominierte Schumacher CLRT das Geschehen und besetzte mit Marvin Klein (FRA) und Larry ten Voorde (NLD) die erste Startreihe – “Es war eine coole heiße Quali.” gab der Niederländer nach der Session zu Protokoll. Keagan Masters (ZAF) und King sicherten sich die Startplätze 3 und 4 – und damit gute Möglichkeiten zur Attacke auf die Spitze. Als bester Rookie ging der Israeli Ariel Levi von P5 ins Rennen und machte seinem Team GP Elite Hoffnung auf gute Punkteausbeute. Aufgrund der nach wie vor üppigen Anzahl an Track-Limit-Überschreitungen hatte die Rennleitung bis in die Abendstunden zu tun, bis das finale Starting Grid feststand.
Wenn die ersten 19 Fahrer der Qualifikation innerhalb von einer Sekunde liegen, ist das Wort “Leistungsdichte” durchaus angebracht. Robert Lechner, Teamchef von BWT Lechner Racing, fühlte sich vor Lauf 3 an das spektakuläre Rennen im Vorjahr erinnert – und prognostizierte auch für 2024 ein Motorsport-Highlight auf dem Red Bull Ring. Er sollte Recht behalten: Kurz nach dem Start konnte Larry ten Voorde zwar seinen Teamkollegen Marvin Klein (FRA) kassieren und ab Runde 2 ein unbedrängtes Rennen an der Spitze absolvieren. Hinter ihm fuhr das Feld jedoch die Zuschauer schwindelig.
Besonders unterhaltsam war der Zweikampf zwischen Klein und King. Der junge Brite musste am Franzosen vorbei, um in der Meisterschaft an Ten Voorde dranzubleiben. Beim ersten Überholversuch gingen K&K nebeneinander durch Kurve 7, bevor Kings Porsche nach einer Berührung für fast eine Sekunde quer im Drift in Kurve 8 über den Asphalt bügelte. Dass er seinen Boliden bei weit über 100 km/h trotzdem wieder einfangen konnte, war einer der herausragendsten Momente des gesamten Rennwochenendes. Danach mussten die Kontrahenten ihren Fight von P5 (Klein) bzw. P6 (King) aus weiterführen. Keagan Masters, Lirim Zendeli (DEU) und Theo Oeverhaus (DEU) wussten die Gunst der Stunde zu nutzen und zogen an beiden vorbei.
Im K&K-Duell hatte King schon in Runde 2 die Nase wieder vorn, nachdem er mit tatkräftiger Hilfe seines Teamkollegen Oeverhaus an Klein vorbeigegangen war. In den folgenden Runden arbeitete sich der Brite auf Platz 2 vor, konnte Klein aber nicht abschütteln. Mit den Augen im Rückspiegel fand King auf den verbleibenden Rennrunden nicht mehr Anschluß an Ten Voorde – mit 4 Sekunden Vorsprung holte der Niederländer den 3. Sieg im dritten Rennen. Marvin Klein schloss ein erfolgreiches Rennwochenende für Schumacher CLRT mit dem dritten Podiumsplatz ab. Für Keagan Masters nahm Lauf 3 mit Aufkommen technischer Probleme eine unerfreuliche Wendung – er wurde ebenso wie sein Teamkollege Lirim Zendeli nach hinten durchgereicht. Die Ombra Racing Piloten wurden am Ende auf P4 (Masters) bzw. P15 (Zendeli) gewertet. An Überholvorgängen mangelte es auf dem Red Bull Ring folglich auch im Rest des Feldes nicht. Der Ausfall von insgesamt vier Fahrzeugen zeigte, dass es dabei bisweilen auch robuster zuging. Bitter erwischte es dabei das Team Proton Huber Competition, das gleich 2 Autos verlor.
In der Rookie Classification lagen Freud und Leid ebenfalls eng beieinander. Mathys Jaubert (FRA) hatte die Ziellinie nach Start von P9 als 4. überquert, erhielt allerdings eine 5-Sekunden-Strafe und fiel auf Rang 8 und damit Rookie-Podiumsplatz 3 zurück. Kas Haverkort (NLD) wurde nachträglich Platz 1 der Rookies zugesprochen, Theo Oeverhaus komplettierte als 2. das Rookie-Podium. Während Overhaus mit diesem Ergebnis zufrieden sein konnte, war sein Landsmann Timo Glock im VIP-Rennwagen weniger glücklich mit seinem Abschneiden. Ihn kostete – wie fünf weitere Fahrer auch – eine Zeitstrafe wegen Track-Limit-Überschreitungen Plätze. Spaß hatte er bei dem wilden Ritt in Spielberg dennoch sehr. Für den Porsche Mobil 1 Supercup und seine Zuschauer war der Rennstopp in Österreich erneut ein voller Erfolg, denn er bot beste Motorsport-Unterhaltung.
So spannend und unterhaltsam darf es gerne weitergehen. Das nächste Rennen der internationalen Serie findet außerhalb der EU statt: Großbritannien empfängt Fahrer und Teams im Rahmen des Formula 1 British Grand Prix in Silverstone. Das heißt, die Porsche 911 GT3 Cup gut verpacken, Zoll Carnets ausfüllen und dann ab über den Ärmelkanal in Richtung Nordengland auf ein altes Flugfeld, von dem aus wir die Mad Cow fliegen lassen.