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Bei vielen der größten und renommiertesten Rennen Amerikas gehört Porsche zu den erfolgreichsten teilnehmenden Herstellern und Werksteams. Die Anzahl amerikanischer Werksfahrer hingegen ist überschaubar. Dane Cameron spricht über die Chance, als Porsche-Fahrer sein Land zu vertreten.
Mit dem Start in der diesjährigen IMSA Weathertech Championship nahm sich Dane Cameron vor, direkt in den Angriff überzugehen und die zwei ersten Rennen in Daytona und Sebring als erster amerikanischer Porsche-Werksfahrer seit 2003 bzw. 1987 zu gewinnen. Cameron, dreifacher IMSA-Champion, ist im Fahrerlager bestens bekannt. Mit dem Sieg der 24 Stunden von Daytona im Januar hat er nahezu alle großen amerikanischen Sportwagenklassiker gewonnen. Es fehlt nur noch Petit Le Mans. Nach einem Jahr mit Porsche in der World Endurance Championship ermöglicht nun ein Tausch mit Matt Campbell, dass Cameron seine Chance bei Petit Le Mans sowie einigen seiner heimischen Lieblingsrennen erhält. Dort erfolgreich zu sein, hätte für ihn und seine Familie eine ganz besondere Bedeutung. „Es ist etwas unglaublich besonderes, Teil dieses Top-Projekts bei Porsche zu sein. Als Werksfahrer für Porsche und besonders als Amerikaner“, sagte Cameron im Vorfeld der 12 Stunden von Sebring, wo er zusammen mit Campbell und Nasr trotz eines schwierigen Rennens einen Podiumsplatz erreichte. „Offensichtlich gab es nicht viele von uns [amerikanische Porsche-Werksfahrer], aber die, die es gab, haben großartige Dinge erreicht und sind auf ewig mit der Marke Porsche verbunden. Ich denke das ist etwas ganz Besonderes.” „Wer lange hier ist entwickelt eine enge Beziehung mit dem Unternehmen. Und bei keiner anderen Marke sind Strassenautos so eng mit der Rennsportgeschichte verbunden wie hier. Das ist ziemlich cool.“
Cameron erinnert sich daran, wie der Porsche RS Spyder von Penske Ende der 2000er Jahre Siege einfuhr, während er in der US-Einzelsitzer Rangliste seine Sporen verdiente. Im gleichen Fahrerlager konnte er das Team miterleben und verfolgte ihre großen Siege bei einigen Rennklassikern hautnah. „Das war ein ziemlich erfolgreiches und ikonisches Team, das mir wirklich nachhaltig in Erinnerung geblieben ist. Allein die Vorstellung, eines Tages so einem Team anzugehören war damals unglaublich für mich – das ist an sich schon eine tolle Leistung“, fügt Cameron hinzu. „Jetzt den Kreis geschlossen zu haben – das Team nicht mehr von der anderen Seite des Fahrerlagers bewundern zu müssen, sondern seinen Namen auf dem Wagen zu sehen; das ist sehr, sehr cool.“
Camerons Liste an Siegen ist so beeindruckend wie vielfältig. In den USA zählen Gesamt- und Klassensiege in Daytona, Sebring, Mid-Ohio, Detroit, Laguna Seca, Mosport, Road America, Watkins Glen und Virginia dazu. Sein Le-Mans-Debüt 2022 machte Cameron mit Penske im Vorfeld des Porsche-Einstiegs im Folgejahr. Abgesehen von einem Sieg dort und bei Petit Le Mans gibt es nicht viel, was er noch gewinnen könnte. Doch trotz seiner unzähligen Erfolge und als Teil des hochkarätigen Porsche Penkse Programms, wo er das Cockpit mit einigen der besten Sportwagenfahrern der Welt teilt, kommt bei Cameron keine Selbstgefälligkeit auf.
„Im Motorsport ist nichts jemals gut genug“, erklärt Cameron. „Man kann mit zwei Zehnteln, drei Zehnteln, sieben Zehnteln die Pole Position erreichen, und dann will man noch mehr, immer mehr und mehr. „Es ist jetzt witzig, etwas älter zu sein, 35, und es gibt Jungs in unserem Team, die Mitte 20 sind. Man gehört jetzt zur älteren Hälfte des Fahrerkaders. Es ist witzig, nicht mehr der junge Kerl zu sein, aber dafür auf viel mehr Erfahrung zurückgreifen kann.” “Natürlich bin ich sehr stolz auf das, was ich erreichen konnte, und bin sehr dankbar, für viele großartige Teams und Marken gefahren zu sein, vieles erreicht zu haben, wahrscheinlich mehr, als ich erwartet hätte als ich zum Motorsport kam. Mit einem schwierigen Start. Und anfangs mit kleineren Teams, später als Teil größerer Rennsport Programme. „Aber ja, man möchte immer mehr. Also, wenn es vorbei ist und ich keine weiteren Meisterschaften oder großen Rennsiege mehr hole, kann ich sicherlich zufrieden sein. Aber man will immer mehr, also versucht man weiter, den nächsten Sieg einzufahren oder die Rennkarriere auszubauen. „Daytona war etwas Großes, das ich noch von meiner Liste zu streichen hatte. Petit Le Mans steht noch drauf. Das ist sicherlich etwas, auf das ich den Fokus lege. Ja, drei Meisterschaften sind großartig. Aber vier, fünf oder sechs wären noch besser!“
Cameron liegt nach Daytona und Sebring gleichauf in Führung der IMSA-Meisterschaft. Sebring selbst ist ein geschichtsträchtiger Ort für Porsche. Steve McQueens zweiter Platz im Jahr 1970 schrieb Motorsportgeschichte, und Porsches 18 Siege bleiben unerreicht und in weiter Ferne der nächstbestplatzierten Teams. „Es ist eines der besten Rennen für Sportwagen in den USA und auch einzigartig“, meint Cameron. „Daytona ist natürlich prestigeträchtig und unser großes 24-Stunden-Rennen, und bringt einfach eine ganz andere Atmosphäre mit sich – dieses Gefühl eines neuen Jahres oder des ersten Schultags.“ „Also nach Sebring zu kommen, das hat eine einzigartige Stimmung im Vergleich zu anderen Strecken. Die Fans, die Leidenschaft, die Fanpartys im Infield, machen es zu etwas Unvergleichlichem.“ „Es ist schon immer ein cooles Event für mich gewesen, auch schon damals in den Mitte-2000ern als ich noch Ersatzfahrer war.“ „Es ist eine Strecke, mit der ich gut zurechtkomme, ich mag die Mischung aus Kurven, es gibt schnelle Passagen, langsame Passagen, es ist ziemlich technisch. Die Kompromisse und Entscheidungen, die man treffen muss, betreffen nicht nur das Auto, sondern auch das Fahren selbst, wie man sich den verschiedenen Bodenwellen nähert, mit wie viel man leben kann und wo man Kompromisse eingeht.“ „Für mich zählt es definitiv zu den Highlights des Jahres. Es gibt wirklich nichts Vergleichbares auf der Welt.“
In Sebring beorderte IMSA die #7 zum vollständigen Reset früh im Rennen, da eines der Datenlogger nicht einwandfrei funktionierte. Und 13 Safety-Phasen im 12-Stunden-Rennen bedeuteten, dass die Auswahl der richtigen Strategie nahezu unmöglich war. Die fehlenden, frischen Reifen im letzten Stopp machten das Überholen auf der Strecke noch schwieriger und kosteten letztlich den Sieg. Umso bedeutender ist es, einen Podiumsplatz erkämpft zu haben. Gerade an den schwierigen Tagen ist die Platzierung in den Punkten absolut entscheidend, um sich im Meisterschaftsrennen zu halten. Und im zweiten vollen Jahr mit dem 963 ist das Ziel klar: Es geht um die großen Rennen und um die IMSA-Meisterschaft. Mit Daytona erreichte man Ersteres und mit Sebring erhöhte man die Chancen auf Letzteres. Geht es so weiter bleibt die #7 ein starker Anwärter auf die IMSA-Meisterschaft. Cameron wird dabei entscheidend sein. Er ist sich der vergangenen Erfolge seiner Landsleute bewusst – ebenso der historischen Tragweite einer gewonnen Meisterschaft mit Porsche. In der langen Liebesgeschichte zwischen Amerikanern und Porsche will er ein weiteres, erfolgreiches Kapitel schreiben.